Carl Weissner – Übersetzer – unter anderem von Bukowski, Burroughs, Allen Ginsberg, Bob Dylan, Frank Zappa & Andy Warhol.
Bob Dylan- lief seine Musik im Hintergrund beim Übersetzen von "Tarantula"?
CW: Ja, aber ich lehne es ab, was manche fordern, daß man den Sound mit übersetzen soll – das wird peinlich im Deutschen. Dazu kommt, daß mir von Bob Dylan eine massive Beschränkung auferlegt wurde, die darin bestand, soweit wie es im deutschen geht, die Reime einzuhalten. Was Dylan ohne Rücksicht auf Verluste gefordert hat.
Wurde deine Übersetzung kontrolliert?
CW: Das weiß ich nicht. Der Dylan kennt mich zwar nicht, aber ich weiß von Ginsberg, daß sie sich über meine Übersetzungen unterhalten haben. Es kann durchaus sein, daß Dylan sich ein paar Sachen von der Sekretärin seines Verlages in New York hat vorlesen lassen. Sie spricht nämlich fließend Deutsch. Viele sind mit mir heute einig, daß der Dylan entschieden besser weggekommen ist, wie er es auf Grund seiner Originaltexte verdient hätte. Überhaupt finde ich wichtig, daß man von einem Übersetzer verlangen kann, daß der Autor im Deutschen vom Text her nicht schlechter klingt als im Original. Und wenn der Übersetzer das nicht schafft, dann soll der Typ besser Straßenbahnschaffner werden!
William S. Burroughs – was ist das Faszinierende an ihm?
CW:…daß er noch lebt! Burroughs ist ein Mensch von dem du erwartest, daß er seit 15 Jahren im Grab liegt. Er verändert sich dauernd. Einmal tritt er dir als wandelnde Leiche entgegen, dann wie ein alter Banker oder Pensionär oder Privatgelehrter oder, wenn er seinen Karabiner aus dem Schrank holt und seinen Hut aufsetzt, wie ein Wildhüter aus Montana. Er hat so etwas Starres, Maskenhaftes an sich. Er ist kein Alleinunterhalter. Er läßt andere reden, und wenn die nicht reden, wird geschwiegen. In dem tickt es ja andauernd, deshalb kann er auch nicht ständig was verbal produzieren, denn er ist dauernd damit beschäftigt, was in seinem Hirn vorgeht. Daß er in Deutschland nicht so populär ist, liegt an den Verlagen und den Übersetzern. Denen ist nie aufgefallen, wie schlecht sie übersetzt haben, denn was in den Büchern steht, hat mit Burroughs gar nichts zu tun. Das waren Leute, die weder Deutsch noch Englisch können, um das mal brutal zu sagen! Und was ist passiert? Der Autor ist in Grund und Boden verhunzt worden. Er ist gebrandmarkt als einer, der sich nicht verkaufen läßt. Und bei intelligenteren Verlagen wird man gesagt haben, daß er unübersetzbar ist. Burroughs ist nicht der einzige, dem es hier in Deutschland so ergeht. Die Niveaulosigkeit, die hierzulande zur Norm geworden ist, wird man nur los, wenn sich ein paar Leute, die über entsprechende Sachkenntnis verfügen, die Mühe machen dieses öfters zur Sprache zu bringen.
Charles Bukowski…
CW: 1966 bin ich auf Bukowski aufmerksam geworden, als ich in einer kleinen englischen Zeitung Geschichten von ihm las. Dann habe ich ihm geschrieben, daß ich was von ihm veröffentlichen möchte und so fing das alles an. Jetzt bin ich seit 1976 sein Agent in Europa.
Wie erklärst du dir die große Popularität Bukowskis in Deutschland?
CW: Bukowski schreibt eine Art von Gedichten mit der man sich leicht identifizieren kann, als mit diesem hochtrabenden Kunstanspruch, der einem sonst in Gedichtform serviert wird. Seine Popularität in Deutschland hängt auch mit der Werbung zusammen, die der Verlag 2001 für ihn macht. Es entsteht allerdings oft der falsche Eindruck, daß man ihn systematisch hochpuschte. Natürlich reagieren bestimmte Leute muffig, wenn für Bukowski ganzseitig geworben wird, denn als Autor der durch die „Alternativpresse“ seinen Einstieg machte, hat man dafür zu sorgen, daß man über diesen Level nicht hinauskommt, sonst begeht man ja Ausverkauf! – das ist aber idiotisch. Es gibt acht Verlage bei denen was von Bukowski erschienen ist, aber keiner machte Werbung. Das einzige, was im Punkt Bukowski gesteuert worden ist, sind die Sachen, die ich über ihn geschrieben habe. Doch das war zu einem Zeitpunkt, wo ihn hier noch keine Sau kannte. Und die Sachen hab ich aus dem Motiv geschrieben, den Mann ein bißchen unter die Leute zu bringen, etwas populärer zu machen. Zu diesem Zeitpunkt gab es aber auf dem deutschen Markt nur ein Buch von ihm und davon sind exakt 1200 Exemplare verkauft worden
Mannheim 1976 © Uwe Möntmann